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NOSCH
Poetische Systeme 1 3
Erstens. Vom Wandern und Wandeln
Für meinen Freund und Fotografen Hans Deumling habe ich zu einer Ausstellung mit dem Titel "Wanderlust" folgenden Text geschrieben:
So wie das Wort wanderlust auf seiner Reise von der Deutschen Romantik in die amerikanische Gegenwart seine Bedeutung gewandelt hat und sich heute mit Fernweh übersetzen lässt, wandelt sich alles, wenn es seinen Ort wechselt. So auch der Mensch, wenn er sich im ursprünglichen Sinn auf eine Wanderung oder Reise begibt. Nur sucht der Mensch oft etwas "Anheimelndes" in der Ferne, nimmt gar Heimat mit in die Fremde er will bleiben, obwohl er reist.
Zweitens. Was ist ein poetisches System?
Ist nicht Sprache selbst ein poetisches System? Falls ja, wo sind die Grenzen dieses Systems? Wenn zum Beispiel ein Wort wie wanderlust nicht übersetzt sondern nur übergesetzt wird über den Strom, der zwei Sprachen trennt, dann kann man sehen, dass dieses Wort ein System verlässt. Es mischt sich, so wie es ist, unter die Worte der anderen Sprache und wird dort freundlich oder feindlich aufgenommen. Dabei wird es auf- oder abgewertet, wird neue Beziehungen eingehen und meistens wandelt es im Laufe der Jahrzehnte seine Bedeutung.
Aber es reichen auch zwei oder drei Worte, um ein kleines poetisches System zu schaffen, zum Beispiel: "vordenken nachdenken" oder eher etymologisch "glauben, loben, lieben"
Drittens. Der Ort der Worte
Bei visueller Poesie spielt das Wo eines Wortes eine besondere Rolle. Aber ist es nicht bei geschriebener Sprache immer so? Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird es bedeutungsvoll, dass das geschriebene Wort in unserer Kultur, die getragen wurde von der Entwicklung des Buches, meist einen ganz bestimmten Ort hatte. Es hatte seine Position auf einer Seite und diese Seite hatte ihre Position im Buch. Hierbei gab es ein Oben und Unten, ein Vorne und Hinten und dadurch fast zwingend ein Vorher und Nachher.
Vielleicht liegt mein Unbehagen mit den digitalen Medien heutiger Zeit darin begründet, dass die Worte in dieser virtuellen Welt keinen greifbaren und damit in gewisser Hinsicht auch keinen begreifbaren Ort mehr haben.
Ein Hinweis auf die Bedeutung des Ortes eines Wortes sei folgendes Wortspiel: WOrte
Günter Nosch Text einer performativen Lesung am 2. 6. 2013 im Kunstraum Bogenhausen
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> René Zechlin Einführung zu Poetische Systeme in der
Galerie Marianne Heller, Heidelberg, 10. März 2024
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Nosch Poetische Systeme 1 3
> Rasmus Kleine zur Ausstellung »Dinge lesen«
> Maresa Bucher Choreographie der Farbe
> Zdenek Primus Im Staub des Ateliers gefunden:
Kunststücke; 2015
> Dr. Ilona Víchová The Process is the Message
in the catalog to the exhibition Noschpaintings and works on paper, brnogallery; 2011
> Dr. Frank Schmidt Nosch Transparenz der Farbe
im Katalog »Szenenwechsel 2003/04 «
Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt
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